Rollenbilder und Stereotype: Wie sie Vereinbarkeit und Gleichstellung im Unternehmen beeinflussen – und was Unternehmen tun können


Gesellschaftliche Stereotype und traditionelle Rollenbilder sind tief in unserem Denken und Handeln verankert – oft so sehr, dass wir sie nicht bewusst wahrnehmen. Doch sie haben immense Auswirkungen auf die Arbeitswelt, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und die Gleichstellung der Geschlechter.

Für Unternehmen bietet sich hier eine große Chance: Wer Rollenbilder aktiv hinterfragt und bewusst abbaut, kann nicht nur eine gerechtere Unternehmenskultur schaffen, sondern auch wirtschaftlich profitieren.

 

Tradierte Rollenbilder: Unsichtbare Strukturen und ihre Auswirkungen

Stereotype wirken subtil, aber sie sind wirkungsvoll – und oft führen sie zu systemischen Ungleichheiten. Frauen und Männer werden dabei gleichermaßen beeinflusst, allerdings auf unterschiedliche Weise:

Care-Arbeit im Büro: Unsichtbare Belastungen für Frauen

Selbst in modernen Arbeitswelten übernehmen Frauen häufig zusätzliche Care-Arbeit, die über ihre eigentlichen Aufgaben hinausgeht. Sie denken an die Organisation von Betriebsfeiern, füllen die Kaffeemaschine auf oder kümmern sich um Geschenke für Kolleg:innen. Diese Tätigkeiten werden selten bewusst wahrgenommen oder wertgeschätzt, summieren sich jedoch und führen zu einer Mehrfachbelastung – besonders, wenn sie zu Hause ebenfalls die Hauptverantwortung für Familienorganisation tragen.

Karriere und Elternzeit: Stereotype Entscheidungen

Frauen stehen oft vor der Herausforderung, dass ihre Karriere mit einer Schwangerschaft oder Elternzeit plötzlich anders bewertet wird. Häufig werden ihnen bereits bei der Schwangerschaftsverkündung Teilzeitstellen angeboten oder ihre Position frühzeitig neu besetzt.

Männer hingegen werden selten für Elternzeit oder Teilzeitmodelle in Betracht gezogen. Stattdessen spüren sie subtilen Druck, möglichst schnell nach der Geburt ihres Kindes wieder Vollzeit zu arbeiten.

Der Unterschied zu Sexismus

Wichtig ist, zwischen Stereotypen und bewusstem Sexismus zu unterscheiden. Stereotype sind unbewusst und systemisch verankert, während Sexismus bewusste, oft böswillige Handlungen umfasst. Genau deshalb können Stereotype nur durch gezielte Aufklärung und systemische Veränderungen abgebaut werden.


Wie Unternehmen traditionelle Rollenbilder hinterfragen können

Die gute Nachricht: Unternehmen haben viele Möglichkeiten, stereotype Denkmuster aufzubrechen und eine offene, diversitätsorientierte Kultur zu fördern. 

Hier sind einige Ansätze:

1. Schulungen und Sensibilisierung

Unbewusste Vorurteile lassen sich nur abbauen, wenn sie zunächst erkannt werden. Workshops zu Themen wie „Unconscious Bias“ und „Gender-Bias“ helfen Führungskräften und Mitarbeitenden, stereotype Denkmuster zu hinterfragen.

2. Transparente Policies schaffen

Genderneutrale Richtlinien sind entscheidend, um Gleichberechtigung zu fördern. Dazu gehören:

  • Elternzeitregelungen, die alle Geschlechter gleichermaßen unterstützen.
  • Klare Kriterien für Beförderungen, die unabhängig vom Geschlecht sind.
  • Flexibles Arbeiten für alle Mitarbeitenden, nicht nur für Eltern.


3. Aufgabenverteilung im Büroalltag hinterfragen

Care-Arbeit im Büro sollte nicht „einfach so“ an Frauen delegiert werden. Unternehmen können geschlechtsneutrale und positionsbezogene Regelungen einführen, um diese Aufgaben fair zu verteilen.

4. Rolemodels sichtbar machen

Männliche Führungskräfte, die Elternzeit nehmen, oder Mitarbeitende, die Care-Arbeit übernehmen, sollten in der internen und externen Kommunikation gezielt sichtbar gemacht werden. Sie setzen ein wichtiges Zeichen und brechen mit traditionellen Rollenbildern.

5. Diversity-Kommunikation stärken

Gezielte Diversity-Kampagnen – ob auf LinkedIn, in Firmenmagazinen oder durch Corporate Influencer – können die interne und externe Wahrnehmung verändern.

Wie Stereotype Karriere- und Elternzeitentscheidungen beeinflussen

Stereotype wirken sich besonders stark auf Karriereentscheidungen aus:

Frauen werden häufig für weniger anspruchsvolle oder flexible Rollen vorgeschlagen, während Männer bevorzugt für Führungspositionen in Betracht gezogen werden.

Väter spüren subtilen Druck, schnell nach der Geburt ihres Kindes wieder Vollzeit zu arbeiten, während Frauen längere Elternzeit selbstverständlich zugestanden wird.


Was HR tun kann:

  • Anonymisierte Bewerbungsprozesse: Diese reduzieren unbewusste Vorurteile in der Rekrutierung.
  • Schulungen für Führungskräfte: Regelmäßige Trainings zu Bias und Gender-Bewusstsein helfen, faire Entscheidungen zu treffen.
  • Geschlechtsneutrale Kriterien: Beförderungen und Elternzeitregelungen sollten transparent und für alle gleich sein.


Die Vorteile einer gleichberechtigten Unternehmenskultur

Unternehmen, die Stereotype abbauen und eine offene Kultur fördern, profitieren auf mehreren Ebenen:

  • Erhöhte Mitarbeitendenzufriedenheit: Gleichberechtigung stärkt die Motivation und die Bindung der Mitarbeitenden.
  • Attraktivität als Arbeitgeber: Laut einer Glassdoor-Umfrage legen 67 % der Jobsuchenden Wert auf Diversität und Gleichstellung.
  • Innovationskraft: Laut einer Studie der Boston Consulting Group (2018) erzielen Unternehmen mit diverseren Teams 19 % mehr Innovationsumsatz.
  • Höhere Produktivität: Mitarbeitende, die weniger unter Mental Load leiden, sind effizienter und engagierter.
  • Langfristige Bindung: Mitarbeitende bleiben eher, wenn Vereinbarkeit gelebt wird und sie sich beruflich entwickeln können.
  • Bessere Entscheidungsfindung: Diverse Teams treffen fundiertere Entscheidungen und sind widerstandsfähiger in Krisen.


Fazit: Rollenbilder bewusst aufbrechen

Stereotype und Rollenbilder sind oft tief in den Strukturen eines Unternehmens verankert. Doch es lohnt sich, sie zu hinterfragen und aktiv abzubauen – für eine gerechtere Unternehmenskultur, motivierte Mitarbeitende und einen nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg.

Unternehmen, die diesen Weg gehen, gestalten nicht nur die Arbeitswelt von heute, sondern auch die Zukunft von morgen.