Wie Unternehmen Mitarbeitende mit Pflegeverantwortung gezielt unterstützen können 

Wie Unternehmen Mitarbeitende mit Pflegeverantwortung gezielt unterstützen können

Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist ein zentrales Thema in der modernen Arbeitswelt. Doch während Kinderbetreuung und Elternzeit mittlerweile häufiger diskutiert werden, wird ein entscheidender Aspekt oft eher nebenbei behandelt: Pflegeverantwortung. Viele Mitarbeitende übernehmen nicht nur Verantwortung für ihre eigenen Kinder, sondern auch für pflegebedürftige Angehörige – sei es ein krankes Kind, ein Elternteil oder der oder die Partner*in mit besonderen Bedürfnissen. 

Diese Doppelbelastung ist nicht nur eine private Herausforderung, sondern auch ein entscheidender Faktor für Unternehmen. Eine strategisch durchdachte Equal-Care-Kultur kann nicht nur die Mitarbeitenden entlasten, sondern auch die Arbeitgeberattraktivität und die langfristige Mitarbeiter*innenbindung stärken. 


Die größten Herausforderungen für Mitarbeitende mit Pflegeverantwortung

Viele Mitarbeitende, die Pflegearbeit leisten, stehen unter enormem Druck. Sie müssen zwischen den Anforderungen ihres Berufs und den Bedürfnissen ihrer pflegebedürftigen Angehörigen jonglieren – und oft fehlt ihnen die nötige Flexibilität und Unterstützung durch den Arbeitgeber.

Zu den häufigsten Herausforderungen gehören:

  • Unflexible Arbeitszeiten: Arzttermine, Therapien oder dringende Pflegebedarfe finden meist während der regulären Arbeitszeiten statt.
  • Fehlende Betreuungsmöglichkeiten: Besonders für Kinder mit besonderen Bedürfnissen aufgrund von Krankheit oder Behinderung gibt es oft nicht genug spezialisierte Kita- oder Schulplätze.
  • Hoher organisatorischer und emotionaler Aufwand: Die Pflege von Angehörigen erfordert nicht nur Zeit, sondern auch mentale Belastbarkeit.
  • Unsicherheiten bei Notfällen: Ein plötzlicher Pflegefall kann zu kurzfristigen Ausfällen führen – und Mitarbeitende wissen oft nicht, welche Unterstützung sie von ihrem Arbeitgeber erwarten können.


Diese Herausforderungen können zu Stress, Überforderung und im schlimmsten Fall zur Entscheidung führen, den Job aufzugeben oder in eine dauerhafte Teilzeitstelle zu wechseln. Unternehmen können hier aktiv gegensteuern.

Wie Unternehmen Mitarbeitende mit Pflegeverantwortung gezielt unterstützen können

Unternehmen, die eine Equal-Care-Kultur aktiv fördern, profitieren in mehrfacher Hinsicht. Sie steigern ihre Arbeitgeberattraktivität, fördern die Mitarbeiterbindung und reduzieren krankheitsbedingte Ausfälle. Hier sind vier zentrale Maßnahmen, mit denen Unternehmen ihre Mitarbeitenden mit Pflegeverantwortung gezielt unterstützen können:

  • Flexible Arbeitsmodelle einführen: Pflegeverantwortung ist oft nicht planbar – Arzttermine, Therapien oder akute Notfälle passieren meistens während der regulären Arbeitszeit. Unternehmen sollten daher flexible Arbeitszeitmodelle ermöglichen, die es betroffenen Mitarbeitenden erleichtern, Beruf und Pflege zu vereinbaren.
  • Gleitzeit & Homeoffice: Mitarbeitende sollten ihre Arbeitszeiten an Pflegebedürfnisse anpassen können. Mobiles Arbeiten spart Pendelzeiten und ermöglicht kurzfristige Betreuungssituationen. Besonders hilfreich für Mitarbeitende, die Angehörige zu Hause pflegen.
  • Teilzeitoptionen ohne Karrierenachteile: Pflegeverantwortung sollte nicht automatisch bedeuten, dass eine Karriere stagniert. Führung in Teilzeit oder flexible Karrieremodelle helfen, Pflege und Beruf miteinander zu verbinden. Unternehmen können bewusst darauf achten, dass Pflegezeit nicht zu einem Karriereknick führt.
  • Finanzielle und organisatorische Unterstützung anbieten: Die Pflege von Angehörigen ist nicht nur emotional und zeitlich fordernd, sondern oft auch mit erheblichen Kosten verbunden. Unternehmen können ihre Mitarbeitenden entlasten, indem sie finanzielle und organisatorische Unterstützung bereitstellen:
  • Freistellungen & Sonderurlaub: Kurzfristige Freistellungsmöglichkeiten bei Notfällen oder Reisen zu entfernten Angehörigen. Betriebliche Regelungen über die gesetzlich festgelegte Pflegezeit hinaus können Sicherheit geben. Zusätzlich helfen bezahlte Pflegeurlaubstage, ähnlich wie Kindkranktage für Eltern.
  • Pflegezeitkonten: Ähnlich wie Überstundenkonten können Mitarbeitende Zeit ansparen, um sie später für Pflegeaufgaben zu nutzen. Das ermöglicht eine flexiblere Gestaltung der Arbeitszeit ohne finanzielle Nachteile für Mitarbeiter*innen.
  • Zuschüsse für Pflegedienste: Finanzielle Unterstützung bei der Inanspruchnahme professioneller Pflegeleistungen. Kooperation mit Pflegeanbietern oder betriebliche Zuschüsse für externe Betreuungsdienste.
  • Betriebliche Ansprechpersonen & Netzwerke schaffen: Pflegeverantwortung ist oft eine isolierende Erfahrung. Mitarbeitende wissen nicht, an wen sie sich wenden können, und haben dann das Gefühl, allein mit ihren Herausforderungen zu sein. Unternehmen können deshalb strukturelle Anlaufstellen und interne Netzwerke schaffen, die betroffenen Mitarbeitenden helfen, sich auszutauschen und Unterstützung zu finden.
  • Pflegelots*innen als feste Ansprechpersonen: Unternehmen können Mitarbeitende speziell schulen, um als Pflegelots*innen als erste Anlaufstelle für betroffene Kolleginnen und Kollegen zu fungieren. Diese Ansprechpersonen helfen mit Informationen, emotionaler Unterstützung und Vermittlung von externen Beratungsstellen.
  • Themenbezogene Netzwerke & Gesprächskreise: Interne Austauschgruppen für pflegende Mitarbeitende können ein wertvoller Raum sein, um Erfahrungen zu teilen, Lösungen zu entwickeln und sich gegenseitig zu unterstützen. Unternehmen können Gesprächskreise zu spezifischen Themen anbieten, etwa Pflege von Eltern, Pflege von Kindern mit Behinderung oder Pflege in Akutsituationen.
  • Externe Kooperationen mit Pflegeeinrichtungen: Unternehmen können Partnerschaften mit externen Pflegeeinrichtungen oder spezialisierten Beratungsstellen eingehen. Pflegebedürftige Angehörige können durch diese Kooperationen schneller und gezielter versorgt werden.
  • Informationsangebote bereitstellen: Pflege kann von einem Moment auf den anderen relevant werden – ein plötzlicher Notfall in der Familie, eine Diagnose oder eine unerwartete Veränderung der Pflegesituation. Viele Mitarbeitende wissen jedoch nicht, welche Unterstützungsmöglichkeiten es gibt oder welche Schritte sie zuerst unternehmen sollten. Unternehmen können gezielt helfen, indem sie leicht zugängliche Informationsquellen bereitstellen.
  • Betrieblicher Pflegekoffer – eine zentrale Anlaufstelle für Informationen: Eine Sammlung von wichtigen Anlaufstellen, Checklisten und Hilfsangeboten, die betroffene Mitarbeitende sofort nutzen können. Diese können in digitaler Form auf der Intranet-Seite bereitgestellt oder als physische Mappen an HR weitergegeben werden. Enthalten sein könnten beispielsweise Kontaktadressen von Pflegediensten, Informationen zu Pflegegeld und rechtlichen Ansprüchen sowie Notfall-Kontaktpersonen im Unternehmen.
  • Regelmäßige Informationsveranstaltungen & Webinare: Unternehmen können digitale und physische Infoveranstaltungen anbieten, um Mitarbeitende über ihre Rechte, Hilfsangebote und betriebliche Unterstützungsmöglichkeiten aufzuklären.
  • Zusammenarbeit mit externen Beratungsstellen: Unternehmen können Kooperationen mit Pflegeberatungsstellen oder Sozialverbänden eingehen, um Mitarbeitenden schnelle Hilfe zu ermöglichen. Eine direkte Anlaufstelle für Notfälle oder eine regelmäßige Sprechstunde im Unternehmen kann Entlastung schaffen.


Die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf ist ein gesellschaftlich relevantes Thema, das auch für Unternehmen immer wichtiger wird. Arbeitgeber, die sich diesem Thema bewusst widmen und strukturelle Unterstützung bieten, profitieren von engagierteren Mitarbeitenden, sinkenden Fehlzeiten und einer stärkeren Mitarbeiterbindung.